Tagebuch


Tag 3, Sonntag 16.09.2007

Aufgewacht, lecker Frühstück mit Würstchen, duschen natürlich. Gegen 08:00 wieder Pickup James, von Joyce verabschiedet und Süssigkeiten als Geschenke dagelassen. Das ist Tradition und wird erwartet, zwar nicht gerade von Weißen - aber so weiß sind wir ja schon nicht mehr, oder doch?

Sind dann wieder zum Gästehaus in Karen. Großes Meeting mit den Leuten von VICDA. Einweisung in die Lebensweise der Kenianer. Mann ist Kopf der Familie, kümmert sich aber sonst nicht drum, Frau macht Haushalt und Familie und so weiter. Dann kurze Pause mit frittierten Teigtaschen (sehr lecker!) und Kenianischem Tee. Dann weiter mit sehr kurzem Kiswahili-Unterricht, hätten die sich auch sparen können. Danach English Lunch samt Konversation mit Tischnachbarn.

Interessant, wir haben dabei Chris Bryan und seine Familie kennengelernt. Chris sitzt im Board von GVN und arbeitet oft mit Colin Salisbury zusammen. Sehr relaxter Typ, Globetrotter, 2 Kinder, Frau. Alle sehr nett. Dann gings los.

Die Klamotten ab ins Auto. Wir sind zu fünft auf dem Weg nach Ngong (+2 Fahrer). Kaye aus Neuseeland, Meredith sowie Serena, beide aus den USA. Alle anderen steuern ebenso ihre Ziele an. Mit an Bord waren auch Jane und Allison. Allison war gekommen um Jane, die das erste Mal in Afrika ist, zu ihrem Prokekt zu begleiten. Allison ist schon seit einem Monat in Ngong und arbeitet in einem Heim für Straßenkinder, welches wir uns fest vornehmen zu besuchen. Etwas fragwürdiges am Rande: das türkische Mädchen, welches erst am Samstag ankam wegen der vielen Verspätungen während ihrer Anreise, wurde natürlich auch prompt am Flughafen allein gelassen da niemand wusste wann sie kommt. Jedenfalls war sie dermassen angepisst daß sie sogut wie mit niemandem sprach und ständig am Telefon hing. Sonntag morgen hat sie sich dann entschieden in ein Hotel zu wechseln und abends wieder nach Hause zu fliegen. Was diese Aktion sollte konnte niemand so richtig nachvollziehen. Anyways, wir also unterwegs nach Ngong und alle natürlich aufgeregt wie die Hühner, Telefonnummern getauscht und zuerst die beiden Mädels Meredith und Serena im Shelter Children Home etwas auswärts von Ngong abgesetzt. Die Kids kamen auch gleich allesamt auf uns zugerannt, mussten alles anfassen und sich freuen. Als dann aber nur die beiden Mädels da blieben und wir 3 wieder ins Auto stiegen gabs meterweise lange Gesichter.


Wir dann wieder zurück nach Ngong da unser Projekthaus ca. 5km ausserhalb lag, in genau der anderen Richtung. Unsere ersten Eindrücke von Ngong waren: typische afrikanische Provinzstadt, schmutzig, unordentlich bis chaotisch, jeder macht irgendwas wichtiges. Sehr viele Menschen wuselten auf den Strassen rum und da es seit Tagen schon regnet ist die Straße eine einzige Schlammpiste aber dafür wunderschön rotbraun leuchtend. Dann Kaye (ich glaube sie ist die älteste unter uns allen, ca. 45~50) bei ihrer Hostfamilie abgesetzt, unweit von Ngong-Zentrum. War aber keiner da. Haben den Wagen im schön gepflegten Garten erstmal ordentlich festgefahren. Prima, also raus und schieben. Dann satt wunderschön rotbraun leuchtende Straße im Gesicht und eine fette Spur im Rasen hinterlassen. Die Gastgeber kamen dann natürlich auch gleich und haben erstmal schön schräg geguckt.

Haben Kaye erstmal wieder mitgenommen da Sie sehen wollte wo unser Projekt ist und wo wir untergebracht sind. Kaum losgefahren, wieder stecken geblieben. Also nochmal extra Straße ins Gesicht. Als wir dann 5km in die andere Richtung gefahren waren (10km dauern ungefähr 30min. eben wegen der Straßen) kamen wir endlich an: Watoto Wetu Foster Home. Nur wussten wir eigentlich überhaupt nicht wo wir sind, weder Straßennamen noch Klingelschilder oder Hausnummern. Sofort kamen uns wieder Kinder entgegen gerannt, alle blabbelten durcheinander, hatten Fragen und haben sich unglaublich gefreut. Muzungus!

Kaye hat sich dann auch noch kurz getummelt, ist dann aber wieder los da es langsam dunkel wurde. Da außer den Kindern niemanden weiter anwesend zu sein schien, sind wir erstmal mit den Kids im Gelände rum und haben uns alles zeigen lassen: Brunnen, Latrine, Hundewelpen, Garage ohne Licht (Schulraum). Alles sehr ärmlich aber recht stabil. Wie sich später rausstellte war das Gebäude früher mal ein Krankenhaus, daher gab es drinnen auch vereinzelt gefliesten Fussboden. Dann ab ins Haus (Schuhe aus!) und Küche (noch ärmlicher), Schlafräume (nochmals eine Kategorie ärmlicher) und Gemeinschaftsraum angeschaut. Die Kids schlafen teilweise zu viert auf einer Matratze auf dem Boden. Dann erstmal Spiele gespielt und gewartet daß mal Irgendjemand kommt.

Zwischendurch kamen immer wieder uns fremde Leute um nach den Kids zu schauen. Ein paar Stunden später kam dann die Heimleiterin/Pflegemutter. Sie stellte sich WENDY WANJA MUTEGI vor und wir haben dann erstmal aus der Tasche geplaudert. Wendy ist Anwältin, vor kurzem geschieden, 2 Kinder, John und Brian, welche auch unter den anderen Pflegekindern leben. Jeder in Kenia, so scheint es, hat zu seinem originalen Namen auch einen englischen Allerweltsnamen. Umso mehr Leute man trifft umso weniger kann man sich die Namen merken - viele heissen immer wieder gleich. Im Heim sind zur Zeit 63 Kinder und Teenager untergebracht. 45 davon besuchen die von Wendy privat betriebene Schule (von der Altersstufe zu vergleichen mit High School, ab ca. Klasse 8) und alles Mädchen. Sie kommen entweder aus anderen Pflegefamilien oder Hilfsprojekten oder sind von zu Hause weggelaufen oder wurden aus unsagbar schlechten Verhältnissen aus den stadtnahen Slums aufgesammelt und das im wahrsten Sinne des Wortes. Teilweise kommen junge Maasai-Mädchen, die zu Hause der Beschneidung entgehen wollen, in solche Projekte oder werden durch Bekannte oder Helfer aus ihrem Dorf regelrecht gerettet. Da gibt es häufig Zank und Streit da die patriarchalischen Familien die Mädchen als Bezahlware sehen und bei einer erfolgreichen Verheiratung ihren Viehbestand aufstocken können. Überhaupt kommt die Frau, und hier insbesondere unverheiratete junge Frauen, auf der Ansehensskala direkt nach den Ziegen. Traditionelle Zwänge unter denen ganz Afrika funktioniert oder auch eben nicht.
Die jüngern Kindern die direkt zur Pflegefamilie gehören sind gemischt aber wieder mehr Mädchen als Jungen. Alle sind sehr diszipliniert und gehen mit Respekt miteinander um, daß sieht man einfach und alle ehren ihre Wendy, ihre Mama. Wendy kam mit den ganzen Kindern erst vor 4 Wochen aus Karen hier nach Ngong. Sie musste mit allen umziehen da sie in Karen die Miete nicht mehr bezahlen konnte. Sie leitet das Heim, bezahlt die Lehrer. Die Jüngeren gehen in die Vorschule. Die 1-8 Klässler bekommen ihre Schulausbildung vom Staat bezahlt, das ist aber einer erst 4 Jahre junge Errungenschaft unter der jetzigen Regierung in Kenia zu verdanken. Die weitere Ausbildung ist dann nicht mehr kostenfrei und damit sehr teuer. Wendy sorgt dafür daß die Lehrer zu ihr ins Projekt kommen und die Kinder ausbilden. Diese Ausbildung ist absolut nicht mit einer Ausbildung an einer staatlichen oder privaten Schule vergleichbar. Es fehlt so ziemlich an allem, sukzessive sind die Kids auch nicht annähernd auf dem Wissensstand anderer Schulgänger, das beweisen dann immer wieder die vielen Absagen nach den erforderlichen Aufnahmetests an weiterführenden Schulen. Ohne eine beendete Schulausbildung kommt man nicht sehr weit in Kenia und somit haben die Kids so gut wie keine Chance einen normalen Job zu finden. Was Wendy den Kindern hier bietet ist zumindest der Hauch einer Chance, es liegt an den Kids wie hart sie lernen. Dabei wird Wendy weder von öffentlichen Trägern oder anderen Hilfsorganisationen und schon gar nicht von der Regierung finanziell unterstützt. Daß Freiwillige (in dem Fall wir) bei ihr arbeiten kommen ist auch erst das zweite Mal. Vor uns war ein irisches Pärchen da, Stevie und Anna (damals noch in Karen). Und in Karen gabs auch fließendes Wasser - hier in Ngong gibt es diesen Luxus nicht - ha, noch nicht! Das werden wir versuchen zu ändern.
Nach dem Dinner (Ugali, eine Art Maismehlkloß mit Nudeln und Linsen und Kale, ein einheimisch wachsendes, grünkohlartiges Blattgemüse) haben wir uns dann den älteren Mädchen vorgestellt (etwas steif aber lustig). Dann wurde gebetet (zum Großteil Katholiken in Kenia), alles sehr locker afrikanisch und gar nicht unangenehm. Wir haben im Anschluß noch über die momentanen Zustände im Haus geredet. Dabei kam raus, das Wasser, Strom und Abwasser noch repariert werden muß, dies sollte auch vom Vermieter bezahlt werden.... sollte. Dumm nur daß erstmal die letzte Miete und die Kaution fällig ist, welche Wendy zur Zeit aber nicht aufbringen kann. Da wir praktisch unter den selben Zuständen eine Weile leben werden, entschließen wir uns spontan die fälligen Kosten zu übernehmen. Zwar nicht ganz uneigennützig, aber hey, es kommt ja letztlich allen zu Gute.
In diesem Sinne: Lala ...!
Ach halt: die Kids, was für herrliche Kinder, so einfach freundlich von Natur aus und schlau! Aber dazu später mehr. Wendy hat extra ihre 2 Lehrer ausquartiert, damit wir ein Bett haben. Dieses Bett unterscheidet sich von allen anderen Betten in der Art seiner Stabilität: es ist stabil! Alle anderen sind einfach nur kaputt und behelfsmäßig vernagelt. Mal sehen ob wir auch hier behilflich sein können. Wir schlafen in einem Raum in welchem auch die beiden kleinsten Mädchen schlafen, Sweety und Mary. Die kleine Mary hat nur eine nackte Matratze auf dem Boden. Aber wir treffen jetzt keine weiteren Entscheidungen mehr, versuchen nur das nicht funktionierende Klo zu umgehen, verstopft oder die Latrine voll, keine Ahnung. Irgendwie schaffen wir das aber nicht, war halt ein langer Tag. Das Wasser welches wir hinterher kippen fließt nicht ab, super! Nur noch Zähne putzen und einen Fertigwaschlappen um die Ohren und ab in die Penntüte.

Lala Salama!

 


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